Wie dicht Geschichtsschreibung und Propaganda beieinander liegen sieht man sehr schön an dem Buch „Ludendorff – Diktator im Ersten Weltkrieg“ von Manfred Nebelin.
Mal abgesehen davon, dass Ludendorff nicht einen einzigen Tag während des Ersten Weltkrieges über Diktatorische Macht verfügte, was einwandfrei erwiesen ist, ist Manfred Nebelins Buch eine wahre Offenbahrung was ganz bewusste Täuschung betrifft, freilich so raffiniert und – rechtlich kaum angreifbar – durch Nebelins grandioses Talent, dem Leser Sand in die Augen zu streuen.
Hier ein sehr schönes Beispiel:
„Nachdem es zwischen beiden (Hitler und Ludendorff) nach dem gescheiterten Novemberputsch von 1923 zu ersten machtpolitischen und ideologischen Differenzen und nach der Präsidentschaftswahl von 1925, bei der Ludendorff als Kandidat der NSDAP lediglich 1,1 Prozent der Stimmen erhalten hatte, vollends zum Bruch gekommen war, setzte unmittelbar nach dem Tod von Reichspräsident Hindenburg am 2. August 1934 Hitlers Werben um den General ein. Dieses zielte darauf, den einstigen Kriegshelden als Aushängeschild für die im Aufbau befindliche Wehrmacht zu gewinnen. Daß diese Bemühungen zumindest vordergründig erfolgreich waren, zeigten die Feierlichkeiten zu Ludendorffs Geburtstag am 9. April 1935…“ (Nebelin: Ludendorff S. 10)
Einmal abgesehen davon, daß der Text, so wie er hier steht, missverständlicherweise den Eindruck hevorrufen könnte, Ludendorff sei Mitglied der NSDAP gewesen (was er nicht war), erweckt die überaus geschickte Formulierung den Eindruck, Ludendorff wäre von den Nationalsozialisten umworben worden und habe mit der Hitler-Regierung gar seinen 70. Geburtstag gefeiert.
Zunächst einmal sah die „Werbung“ um Ludendorff durch Hitler so aus, dass die Ludendorff Organisationen „Deutschvolk“ und „Tannenbergbund“, sowie Ludendorffs Zeitung „Ludendorffs Volkswarte“ sowie andere Schriften Ludendorffs und seiner Frau von der Hitler-Regierung VERBOTEN wurden. Eine seltsame Art, jemanden zu „umwerben“. Mitglieder von Ludendorffs Organisationen wurden von den Nationalsozialisten gegen den Protest Ludendorffs in Konzentrationslager deportiert und dort misshandelt und ermordet. Ludendorff selbst hatte wiederholt Hindenburg aufgefordert die Hitler-Regierung abzusetzen und zu verhaften.
Was Ludendorffs 70. Geburtstag betrifft am 9.April 1935 lagen die Dinge ebenfalls sehr viel anders. Der Generalstab hatte Ludendorff bereits nach den Röhm-Morden 1934 kontaktiert und ihn gebeten, sich bereitzuhalten, im Falle eines Vorgehens der Wehrmacht gegen die Hitler-Regierung die Position des Reichspräsidenten einzunehmen, was wiederum zu einer Annäherung zwischen Ludendorff und dem Generalstab führte. Ludendorff hatte von Fritsch bereits 1934 aufgefordert mit einigen Brigaden Berlin zu besetzen und die Hitler-Regierung zu verhaften. (von Fritsch war der Ansicht, dass die 100000 Mann starke Armee nicht in der Lage war mit Hitlers Millionen zählenden NSDAP, SA und SS Leuten fertig zu werden).
Als der Generalstab Ludendorff 1935 anbot, seinen 70. Geburtstag mit Militärischen Ehren zu feiern, nahm Ludendorff an, unter Bedingung, dass es sich dabei um eine rein militärische Feier handeln solle.
Ludendorff informierte die Reichskanzlei, dass er keine Teilnahme der Politik an seiner Geburtstagsfeier wünsche, die von Hitler anläßlich seines 70. Geburtstages angebotene Beförderung zum Feldmarschall lehnte Ludendorff ab, mit der Begründung, Feldmarschall werde man auf dem Schlachtfeld und nicht aus einer Politiker-Laune heraus.
Der von der Feier ausgeladene oder gar nicht eingeladene Hitler ordnete dann Deutschlandweit Ehrenbeflaggung zu Ludendorffs Geburtstag an, nahm an den Feierlichkeiten – wie von Ludendorff gewünscht – aber nicht teil.
Die Feier fand in der Nähe von Ludendorffs Wohnhaus in Tutzing statt, wo Ludendorff auf Feldern und Äckern die Ehrenparade der Wehrmacht abnahm. Hakenkreuz-Fahnen waren dabei nicht zu sehen.
Auf anderen Fotos der Geburtstagsfeier ist Ludendorff zu sehen zusammen mit seiner Frau auf einem Balkon, am Balkon hängt eine Flagge mit dem „Deutschvolk-Adler“, der Ludendorff Organisation, die zu diesem Zeitpunkt längst von Hitler verboten war.
Das zweite Beispiel aus Manfred Nebelins Buch ist noch interessanter: (S.233 f.)
„Im Gegensatz dazu führte wenige Wochen später ein Erlaß des Kriegsministers zur massiven Verunsicherung eines Teils der Soldaten. General Wild von Hohenborn ordnete am 11.Oktober 1916 an, Beschwerden aus der Bevölkerung zu prüfen, „daß eine unverhältnismäßig große Anzahl Wehrpflichtiger Angehöriger des israelischen Glaubens vom Heeresdienst befreit sei oder sich von diesem unter allen nur möglichen Vorwänden drücke“ und „eine große Zahl im Heeresdienst stehender Juden (es) verstanden haben (soll), eine Verwendung außerhalb der vordersten Front, also in dem Etappen- und Heimatgebiet und in Beamten und Schreiberstellen zu finden.“ …Wenngleich eine umittelbare Verstrickung Ludendorffs in die Angelegenheit nicht belegt ist, spricht vieles dafür, daß dessen Adlatus Bauer den Kriegsminister…zu diesem Erlaß gedrängt hat. Kriegsminister Wild von Hohenborn selbst scheint in dieser für ihn schwierigen Situation versucht zu haben, den neuen Machthabern einen „Beweis seines guten Willens“ zu liefern.“
Es ist schon erstaunlich, was für Hasenhaken Manfred Nebelin dieses mal schlägt, um Ludendorff in diese Geschichte zu verwickeln. Erst einmal stellt Autor Nebelin selbst fest, dass es keine Belege für Ludendorffs Verstrickung in die Angelegenheit gibt, um dann mit REINEN Spekulationen ein Hirngespinst zu erschaffen, das beim Leser natürlich genau den Eindruck erwecken soll, daß Ludendorff der geheime Intrigant im Hintergrund war.
(Nebelin kann sich natürlich immer darauf berufen, er habe ja geschrieben, dass es keine Belege für die Verstricktung Ludendorffs gebe und der Leser dann eben einem „Missverständniss“ aufgesessen habe…)
Auch Manfred Nebelins Argumentations oder Vielmehr ohne Grundlage aufgestellte Behauptung, der K R I E G S M I NI S T E R habe den neuen Machthabern einen Beweis seines guten Willens liefern wollen, ist der bare Unsinn, und wirft die Frage auf, was hat denn der Mann angestellt, dass man ihm keinen guten Willen unterstellen konnte???
Ebenso unsinnig ist die Behauptung, Ludendorff und Hindenburg wären die neuen Machthaber gewesen. DAS war nach wie vor der K A I S E R , dem der Kriegsminister unterstellt war und NICHT den Militärs !!! Und wenn Hindenburg und Ludendorff hätten wissen wollen, was Katholiken, Protestanten oder Angehörige des israelischen Glaubens so in der Reichswehr gemacht haben, HÄTTEN sie das DIREKT von den ihnen UNTERSTELLTEN Dienststellen anfordern können, dazu hätten sie doch nicht den Kriegsminister gebraucht!
Es ist schon erstaunlich, was Manfred Nebelin sich so alles einfallen lässt um Ludendorff als Richelieu´schen Bösewicht (der er einfach nicht war) darzustellen.
Und was Kaiser Wilhelm betraf, der fand diese Aktion seines Kriegsministers dermaßen daneben, dass Wilhelm – mit dem ihm eigenen Humor – den Herrn Kriegsminister noch vor Abschluß der Zählung zum Soldaten „beförderte“ und zwar AN DIE FRONT, damit sich dieser Herr da in vorderster Front dann auch gleich selbst den nötigen Überblick verschaffen konnte.
Alles in allem zeigen diese Geschichten aber sehr schön, wie man reale historische Ereignisse sehr hübsch zurecht biegen kann, damit sie ins eigene hübsche Weltbild passen.